Essay
Blaulichtfreiwillige
Freiwillige Not- und Rettungsdienste wie Feuerwehr, Rotes Kreuz, DLRG oder Bergwacht gibt es vor allem in bürgerlich-demokratischen Gesellschaften, in denen der aus freien Stücken geleistete Einsatz für andere und für das Gemeinwohl einen Wert an sich darstellt.
Auch wenn das persönliche Risiko der „Blaulichtfreiwilligen“ für Gesundheit und Leben meistens überschaubar bleibt, ist die ständige Einsatzbereitschaft nur um den Mindestpreis des Opfers von Zeit und Bequemlichkeit zu leisten. Die freiwilligen Helfenden werden für ihr Engagement von einem Publikum heroisiert, das dieses Ehrenamt selbst nicht ausfüllt, jedoch von ihm profitiert.
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Blaulichfreiwillige von Wolfgang Hochbruck
Kerbalaparadigma
Das Martyrium, das Leidertragen und Sterben für eine Glaubensüberzeugung, kann – als Form heroischen Handelns verstanden – Schwäche, Verwundbarkeit oder eine Niederlage in moralische Überlegenheit umdeuten. Diese Asymmetrie verweist darauf, dass die Heroisierung einer Heldenfigur für das Publikum leichter anschlussfähig ist, wenn diese aus einer Position der Unterlegenheit heraus handelt als aus einer Position der Stärke oder Hegemonie.
In der Islamischen Republik Iran dient die Erzählung von der Schlacht bei Kerbala der Heroisierung des aktiven Selbstopfers für die Gemeinschaft, aus der sich ein paradigmatischer Werte- und Normenkanon für die Gläubigen und die Ausformung kollektiven Heldentums ableitet.
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Kerbalaparadigma von Olmo Gölz
Desertieren – Wenn Heroisierungsstrategien ins Leere laufen
Soldat:innen müssen bereit sein, andere Menschen auf Befehl zu töten – unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Um die Kriegsdienstbereitschaft zu wecken und aufrecht zu erhalten, werden militärischer Gehorsam und soldatisches Opfer von staatlicher Seite heroisch aufgeladen. Umgekehrt werden Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Militärdienstflüchtlinge als Feiglinge oder „vaterlandslose Gesellen“ diffamiert. Am Ethos des Nicht-Töten-Wollens festzuhalten oder das eigene Überleben höher zu stellen als die Staatsräson, bedeutet eine radikale Negation des Heroischen.
Aus Sicht derjenigen, die Kriege grundsätzlich ablehnen, können die Verweigerung des Militärdienstes oder die Fahnenflucht zur vorbildhaften Heldentat werden – selbst dann, wenn das Individuum selbst sich als gänzlich unheroisch versteht.
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Desertieren von Ulrich Bröckling
Eltern
Eltern sind evolutionsbiologisch bedingt sozusagen geborene Helden, auch wenn diese Heroisierung später oft relativiert wird. Als Bezugspersonen und Helfer:innen bleiben sie aber zeitlebens in dem Maße heroisierbar, je bedingungsloser und verlässlicher ihr Einsatz für ihre Kinder ist bzw. wahrgenommen wird.
Eine Umfrage im Rahmen des Freiburger Sonderforschungsbereichs verweist auf die zunehmende Bedeutung der Ressource Zeit: Kinder erkennen den begrenzten Zeitvorrat ihrer Eltern und heroisieren deren Bereitwilligkeit des „Immer da Seins“ in instabilen Zeiten.
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Eltern von Jan Bahr und Kristina Seefeld
Weitere Stimmen
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Machtverzicht als demokratische Heldentat – George Washington von Georg Eckert
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Stille Helden von Jan Bahr und Kristina Seefeld