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Held:Innen

 

was sind Held:innen?

wozu brauchen wir sie? 

 

 


Vielfalt

Held:innen finden sich in allen Epochen und Kulturen und können vielfältige Gestalten annehmen.

Held:innen können sehr unterschiedlich sein. Von der Antike bis zur Gegenwart haben Gemeinschaften immer wieder Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene und sogar Tiere zu Held:innen erklärt. Gemeinsam ist ihnen dabei die Aura des Besonderen. Held:innenbilder finden wir in Gemälden, Statuen und Fotografien, genauso wie in der Literatur und Musik, auf Briefmarken und in Filmen. Sie begegnen uns auf der Straße ebenso wie im Museum.


Konstruktion

Zur/-m Held:in wird man nicht einfach so, Gemeinschaften konstruieren ihre Held:innen. Dieser Konstruktionsprozess ist kulturell unterschiedlich und nicht immer gleich. Von einem Publikum werden Held:innen verschiedene Eigenschaften zugeschrieben (Merkmale), die dabei helfen, sie zu identifizieren und von anderen abzugrenzen. Heroische Figuren bilden sich erst in sozialen Kommunikationssituationen heraus. Es muss von ihnen erzählt oder in anderen Medien (Medialität) berichtet werden, und es muss ein Publikum geben, das sie als Helden anerkennt oder bewundert. Genauso wie Helden:innen erschaffen werden können, können sie auch wieder an Strahlkraft verlieren und deheroisiert werden.


Merkmale

Welche Merkmale zeichnen Held*innen aus?

Im Zuge von Heroisierungsprozessen (Konstruktion) werden heroischen Figuren  bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die die Figur  als Held:in charakterisieren. Diese kann man als ‚heroische Qualitäten‘ bezeichnen. Sie umfassen u. a. körperliche (z. B. Stärke), moralische und charakterliche (z. B. Tugendhaftigkeit, Tapferkeit), habituelle (z. B. dominantes oder bescheidenes Auftreten), intellektuelle (z. B. Weisheit, Listigkeit), ästhetische und affizierende Merkmale (z. B. Schönheit, Glanz), manchmal auch bestimmte Fähigkeiten (z. B. magische Kräfte). Was eine Gemeinschaft in einem bestimmten Kontext als ein Merkmal von Held:innen benennt, muss unter anderen Umständen nicht als heroische Qualität gelten. Das erlaubt es Gemeinschaften verschiedene Held:innentypen zu unterscheiden, in denen bestimmte Eigenschaften stärker bzw. schwächer oder überhaupt nicht gewichtet werden.

 


Männlichkeit

Männlichkeit spielt in Prozessen der Heroisierung eine wichtige Rolle. Einige der Eigenschaften
(Merkmale) von Held:innen sind damit verknüpft und viele der Heldenbilder, die uns vor Augen stehen, beziehen sich auf den männlichen Körper. Über Helden werden so Vorstellungen idealer Männlichkeit aufgezeigt, zu denen sich z. B. auch Frauen, die als Heldinnen wahrgenommen werden, verhalten müssen. Entsprechen Figuren diesen Vorstellungen nicht, kann ihnen ihre Heroisierung erschwert werden oder sogar verwehrt bleiben. Die Männlichkeit von Helden steht oft in Zusammenhang mit dem Einsatz von Gewalt.  Nicht zuletzt aus diesem Grund unterstreicht die Maskulinität von Helden den männlichen Herrschaftsanspruch in der Geschlechterordnung.

Chavela Vargas
Die junge Dame


Medialität

Held:innen müssen medial vermittelt werden, ihre Geschichten werden erzählt und sie werden z. B. in Bildern, Videos, Filmen, Literatur und Theater aber auch in den Tagesnachrichten dargestellt. Die  Medien tragen dazu bei, den Fokus auf eine Person zu legen und ihr dadurch bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben. Sie konzentrieren die Aufmerksamkeit des Publikums und bilden Held:innen in ihren vielfältigen Gestalten (Vielfalt) ab. Je nach genutztem Medium läuft die Art der Heroisierung anders, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und unterschiedlichen Gewichtungen. Das wichtigste gemeinsame Merkmal der verschiedenen Medien ist dabei die Kommunikation von Heroisierungsprozessen, die von den Produzent:innen, dem Publikum und den Möglichkeiten des Mediums abhängen.

Wissenschaftler:innen des SFB erklären in Interviews, wie sich Heroisierungsprozesse in bestimmten Medien widerspiegeln.

Helden und Heldinnen auf Twitter
Helden und Heldinnen in der Oper
Helden auf Wandpostern
Helden in Kriegsfilmen
Heldenbilder in der Antike
Heroische Skulpturen im 19. Jahrhundert
Helden in der Aids-Literatur


Affizierung

Helden affizieren, d. h. sie lösen starke Gefühle aus, sind Identifikations- und Vorbildfiguren und fordern zur Nachahmung auf.

Zwischen Held:innen und ihrem Publikum besteht ein Wechselverhältnis, das von emotionalen Reaktionen auf die heroischen Figuren geprägt ist. Dazu gehören Aufmerksamkeit und kollektive Gefühlslagen, wie zum Beispiel Spannung, Staunen, Bewunderung oder Verehrung, aber auch Ablehnung oder Empörung. Genauso wie ein Held oder eine Heldin begeistern kann, kann er oder sie auch negative Emotionen hervorrufen. Die Prozesse und Beziehungen, die in diesem Sinn zwischen heroischen Figuren und Publikum zu beobachten sind, nennen wir Affizierung.

Probiere über unsere Hörbeispiele die unterschiedlichen emotionalen Reaktionen aus, die Held:innen hervorrufen.


Grenzüberschreitung

Held:innen sind Grenzgänger. Sie überschreiten Grenzen, ziehen dadurch die Aufmerksamkeit auf sich und provozieren eine gesellschaftliche Reaktion. Die heroische Figur zeichnet sich dadurch aus, dass sie  Grenzen, die für alle anderen verbindlich sind, überschreitet. Oft machen Held:innen solche Grenzen überhaupt erst sichtbar. Auf den Bruch einer gesellschaftlichen Norm folgt ein Kippmoment, in dem die Grenzüberschreitung entweder heroisiert oder dämonisiert wird: Gleichgültig reagieren die Beteiligten in der Regel nicht. Dadurch können Held:innen auch Ambivalenzen und negative Eigenschaften anhaften, die mitunter sogar zur Attraktivität (Attraktionskraft) der bewunderten Figur beitragen.

Die beiden Beispiele unten zeigen, dass Grenzüberschreitungen eine soziale, aber auch politische Komponente besitzen können.

 

Flugzeug im Hudson River

Chesley B. Sullenberger „Hero of the Hudson“? Start

Greta Thunberg „eine Schülerin bewegt die Welt“ Start

Greta Thunberg in gelber Regenjacke


Ambiguität

Held:innen sind ambivalente und polarisierende Figuren: Von manchen verehrt und von anderen verachtet. Wer für die eine gesellschaftliche Gruppe als Held:in gefeiert wird, kann für eine andere Gruppe ein:e Verbrecher:in sein. Aber auch innerhalb einer Gruppe kann es dazu kommen, dass Held:innen ihren heroischen Status verlieren oder dieser sich gar ins Negative verkehrt. Genauso wie Figuren heroisiert werden (Konstruktion), können sie auch wieder deheroisiert werden.

Anhand von Beispielen verschiedener historischer Figuren veranschaulichen Prof. Dr. Johanna Pink (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) und Prof. Dr. Berny Sèbe (University of Birmingham, SFB948 Gastwissenschaftler) in diesem Video die Mehrdeutigkeit von heroisierten Figuren und was diese Ambiguität im Laufe der Zeit bewirkt.

Pink, Johanna; Sèbe, BernyPlay


Weiteres

Unsere 'Schlaglichter' zeigen Ihnen Beispiele für Heroisierungen

Lesen Sie weiter in den Publikationen des SFB 948

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